Freitag, 10. Januar 2014

The Wind of Change: Unternehmenskapital „HR“ im Wandel

Generation Y, demographischer Wandel und der generelle Trend zur „Work-Life Balance“ scheinen dunkle Wolken über die Zukunft des Industriestandortes Deutschland zu wehen.Die Personalabteilungen stehen zunehmend unter Druck, andere Wege für Personalrekrutierung und Karrieren im Unternehmen zu schaffen, um für die neue, selbstbewusste Generation von Bewerbern attraktiv zu bleiben oder es überhaupt erst einmal wieder zu werden. Gestern reichte es noch aus, zu den Blue Chip Unternehmen zu gehören, steile Karrieren und Dienstfahrzeuge anzubieten. Heute liegt teilweise gar nicht mehr im Trend, was Bewerber in früheren Zeiten überzeugen konnte, beschreibt  Julia Löhr (Redakteurin im Bereich Wirtschaft der FAZ) in ihren Artikeln „Die Generation Y fordert die Personalchefs heraus“  und „Generation Y: Freizeit als Statussymbol“  plakativ.



So weit so gut. Im zweiten Teil des Berichts tauchen dann doch schon einmal erste Zweifel auf, ob diese Trends so unantastbar sind wie dargestellt: „Noch ist der Wandel eher gefühlt.“ Und „Kürzere Arbeitsverhältnisse.“ Freizeitorientierter als frühere Generationen ist die Generation Y definitiv, aber gibt es ansonsten wirklich wissenschaftlich unterlegbare, grundlegende Unterschiede in der Werte Einstellung der Generationen? Zumindest die „Inflation der Lebensläufe“, jeder Lebenslauf heute standardmäßig gespickt mit diversen Auslandsstationen und reihenweise Praktika, deutet nicht unbedingt auf geringen Ehrgeiz und sinkende Einsatzbereitschaft der Arbeitnehmer der neuen Generation hin. Einmal kurz den Blick aus der anderen Perspektive eingestreut…: Fühlt sich heute vielleicht auch jeder angehende Akademiker gezwungen, seine Talente in solch vielfältiger Weise nachweisen zu müssen, um überhaupt die Chance auf den angestrebten Berufseinstieg zu erhalten?


Das ist nun die eine Seite der Entwicklung. Betrachtet man nur diese, so könnte beim Betrachter der Eindruck erweckt werden, dass der Bewerber auf paradiesische Arbeitsmarktzustände trifft, er sich quasi nur die Trauben in den Mund zu wachsen lassen muss ohne zu beruflichen Höchstleistungen motiviert und qualifiziert zu sein und der Arbeitgeber alternativlos darauf angewiesen ist „große Pakete für kleine Leistung“ zu schnüren.

Das wiederum sehe ich aufgrund meiner Erfahrungen durch meine Tätigkeit als Personalberater vollkommen anders. Zunächst einmal ist der Wandel, die Weiterentwicklung und Veränderung auf jedem Gebiet des Universums eine feste Größe, die als normal und nicht als störend betrachtet werden muss. Schon auf Heraklit von Ephesus (vorsokratischer Philosoph aus Ephesus ca. 540 – 480 v. Christi) geht das Zitat „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ zurück, der diese Erkenntnis anscheinend bereits vor 2 ½ Tausend Jahren gehabt hat.

Die gesamte Arbeitswelt hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte durch Industrialisierung, Automatisierung, technologischen Fortschritt und Globalisierung stark verändert. Einstmals gefragte Qualifikationen spielen heute keine Rolle mehr. Informationsbeschaffung und deren Reproduktion waren in der Generation X noch von zentraler Bedeutung. Der Generation Y entlockt die Vorstellung einer internet-, smartphone- und social networkfreien Umwelt bestenfalls noch ein mitleidiges Lächeln.

Während also die Personalabteilungen während der letzten Jahrzehnte ohne große Konkurrenz untereinander arbeiten konnten und aus einer recht bequemen Position heraus Herrscher über Fluten von Bewerberunterlagen waren, ist nun ein zunächst sicher unbequemes Umdenken erforderlich. Die Machtverhältnisse haben sich insofern geändert, dass man sich jetzt auf Augenhöhe mit dem Bewerber befindet und mehr über die Attraktivität des angebotenen Arbeitsplatzes und der zugehörigen Leistungen nachdenken muss. Es gibt also die Erforderlichkeit, eine bessere Anpassung von Karrierewegen und Positionen an die heute aktuellen Wünsche der Bewerber/ die aktuelle Arbeitsmarktsituation vorzunehmen.

"Gentlemen we have to manage change, if we fail we have to change management." (Masaaki Imai)   

Dass allerdings eine fraglose Akzeptanz aller möglichen, illusionären Vorstellungen von Bewerbern erforderlich ist, sehe ich nicht so. Vor Kurzem hatte ich einen Kandidaten für ein laufendes Mandat in einer technologisch fortschrittlichen Branche. Der Bewerber befand sich auf Weltreise und hatte sehr konkrete Vorstellungen über Termin und Form eines Interviews auf die das Unternehmen sich auch einließ. Als die Forderungen seitens des Bewerbers weiter erhöht wurden (man möge ihm aus Kostengründen eine Einwahlnummer zur Verfügung stellen) reagierte mein Mandant mit Unverständnis, der Kandidat aber mit der Erkenntnis, dass sein Auftritt doch von übertriebenem Selbstbewusstsein geprägt gewesen sein könnte.

Insofern – wie meist – liegt die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte…, bzw. Unternehmen und Bewerber müssen sich irgendwo auf halbem Wege treffen…
Desweiteren werden die Unternehmen unter zunehmendem Druck weitere Entwicklungsschritte unternehmen, um das begrenzte Angebot an qualifizierten Kandidaten zu erhöhen. Bisher war das Bemühen deutscher Arbeitgeber um Beschäftigte aus dem europäischen Ausland mäßig, die Personaleinstellungen nehmen aber mittlerweile zu, ebenso wie das Markteintrittsinteresse von Arbeitnehmern insbesondere aus dem südeuropäischen Raum, wo aufgrund der Arbeitsmarktlage die Mobilität der Arbeitnehmer stark zunimmt. Siehe: 

Öffnen sich deutsche Unternehmen zunehmend dem europäischen Arbeitsmarkt und verringern sie hier die Eintrittsbarrieren über eine „Internationalisierung von Firmenkulturen“, z.B. Englisch als (Mit-) Firmensprache – was eine Einstellung von europäischen Arbeitskräften auch VOR Erwerb von Deutschkenntnissen möglich machen würde –einer meiner großen Mandanten hat diesen Schritt bereits vollzogen- ergibt sich hier schnell eine neue Konkurrenzsituation für deutsche Arbeitnehmer, die bekanntlich den Markt schnell beleben wird.

Alles in allem, eine spannende Entwicklung, die sich hier vollziehen wird, wobei die Chancen zu positiver Veränderung sowohl auf Seiten der Arbeitnehmer als auch auf Seiten der Arbeitgeber liegen. Es gilt, die sich bietenden Chancen zu nutzen und „in Windmühlen zu investieren“.

(Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen. –chinesisches Sprichwort)

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